Die Eleganz des Stahls
Arbeiten des katalanischen Künstlers Andreu Alfaro
in der Stiftung für Konkrete Kunst Freiburg
Für Goethe und Frau von Stein verlässt er schon mal den
Boden des streng Konstruktiven. Nicht nur in dem Zyklus von
20 Lithografien zu den "Römischen Elegien", die
uns den Dichter in mehr oder weniger pikanten Situationen vor
Augen stellen, wechselt Andreu Alfaro aufs Feld des
Figürlichen hinüber - wiewohl eine der Grafiken uns den
bewunderten Klassiker auch more geometrico,
durch ein simples Dreieck aufs physiognomische Merkmal der
markanten Nase reduziert vergegenwärtigt. Auch in die
Eisenskulptur "Charlotte von Stein" oder das
kurvig-eckige Liniengefüge aus Cortenstahl von "Goethe
und die Wissenschaften" lassen sich ohne Verrenkungen
wenigstens figürliche Anklänge hineinlesen.
In einer Auswahl von annähernd vierzig Arbeiten stellt die
Freiburger Stiftung für Konkrete Kunst den konkreten Künstler
aus Valencia vor - mit Stahl- und Eisenskulpturen und
Zeichnungen in der Halle sowie einigen auch im physikalischen
Sinn gewichtigen rostroten
Kreisformen aus Cortenstahl
im Garten des Anwesens von Roland Phleps, dem Hausherrn. Der
wurde auf den Katalanen vor zehn Jahren aufmerksam: Eine
ehemalige Patientin des kunstsinnigen Psychiaters brachte aus
dem Spanienurlaub Fotos von Arbeiten Alfaros mit, die im
Botanischen Garten von Cap Roig an der Costa Brava ausgestellt
waren. Bei einer Veranstaltung im Goethehaus in Frankfurt
lernte Phleps den Künstler, von dem einige Großskulpturen in
deutschen Städten stehen und dessen Ausstellungen in Spanien
auch schon mal von König Juan Carlos eröffnet werden,
kennen. Vollends überzeugt wurde er von der Qualität seiner
Arbeiten in einer Einzelausstellung im Bottroper Museum
"Das Quadrat".
Nicht verwunderlich, dass ihm dies gefällt. "Ich bin
ganz hin, wenn ich das sehe", sagt Phleps, der als
Skulpteur selbst Stahl verwendet, angesichts einer sich mit
spielerischer Eleganz auffächernden Arbeit aus dünnen
Edelstahlstäben. Auch die "Lebensleiter" arbeitet
mit Stabelementen, nun aufgereiht an einer vertikalen
Achse. Wohnt das Moment von Serialität der Skulptur keimhaft
inne, so bezeugt es sich in Arbeiten wie "Zehn
Quadrate" bereits im Titel.
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Andreu Alfaro: Suau-Suau (1974)
Demselben Prinzip
gesetzmäßiger Variation verdankt sich die bewegte Anmut des
Modells der
"Escultura per a Europa",
auch das luftige "Testament des Plautus".
Doch die Ausstellung, die mit Werken aus gut dreißig Jahren
einen Querschnitt durch Alfaros OEuvre legt, kennt auch ganz
andersartige Skulpturen. "Hommage an Brâncuşi"
von 1972 ist eine kompakte Ellipsenform als Schrägschnitt
durch ein Edelstahlrohr und nähert sich trotz räumlicher
Ausdehnung der Fläche (wie andererseits die zwanzig Jahre
später entstandene "Silueta"). Bewegung nimmt sich
hier aus dem Raum zurück in ein meditatives inneres Kreisen,
vergleichbar mit den durchbrochenen Kreisformen aus
Cortenstahl der
"Cercles"
von 1997. Die greifen in der Binnenstruktur manchmal das
Prinzip der Serialität auf, wenden es aber ins Unregelmäßige
und Asymmetrische - wo nicht gar in eine
archaisch-zeichenhafte, freie Ornamentik.
Und schließlich gibt es da noch Skulpturen wie
"Stahlbögen" (1980), die sich als mit einfachen
Linien operierende Raumzeichnungen charakterisieren
lassen. Ein Kreis bricht auf und verzieht sich ins
Dreidimensionale. Oder ein paar Geraden entwerfen skizzenhaft
einen verwinkelten Raumkörper. In der Betonung der Linie
erinnern diese Arbeiten an Alfaros Anfänge als Zeichner, auf
die auch Serien von
Farbzeichnungen verweisen.
Auch die beiden Serigrafie-Folgen fallen ins grafische
Gebiet. Die eine, "dogma, revolució,
anarquia" mit Titel, beschreibt mittels leichter
Abänderungen der Lineamente eines Quadrats eine
Entwicklungslinie. Die andere demonstriert die
Entwicklungsmöglichkeiten einer Sinuskurve. Ein Schelm, wem
andere Kurven in den Sinn kommen.
- Andreu Alfaro in der Stiftung für Konkrete Kunst,
Pochgasse 71, Freiburg.
Bis 6. November 2005,
sonntags 11.30 bis 13.30 Uhr und nach Vereinbarung.
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